Arten des Y-Chromosoms: Europäer sind Sarden

Gentafel: europäische Wurzeln identifiziert (Foto: pixelio.de, Gabi Schoenemann)Mithilfe modernster Sequenzierungsverfahren wurde die DNA der Y-Chromosome von insgesamt 1.200 Mitgliedern der Inselbevölkerung analysiert. Das Y-Chromosom gilt als besonders geeignet für die Untersuchung von individuellen Genvarianten oder auch von Merkmalen , durch die sich ganze Völker von anderen unterscheiden.

Der Grund liegt vor allem darin, dass es nur von den Vätern auf männliche Nachfahren übertragen und nur als Einzelpaar ohne Vermischung mit den mütterlichen Chromosomen vorkommt. Die Häufigkeit, mit der Mutationen an diesem Chromosom auftreten, liefert eine ideale „Molekolaruhr” zur Rekonstruktion von auch in weiter Vergangenheit zurückliegenden Ereignissen.

„Wir haben anhand der Stichproben bis auf viele Generationen zurückgehende Genvarianten auspüren und einen Zusammenhang mit der demografischen Expansion der Insel feststellen können”, bestätigt Projektleiter Paolo Francalacci. Dazu gehöre insbesondere die Rekonstruktion einer Reihe genetischer Überlagerungen, die mit der Ausdehnung einer vor rund 8.000 Jahren lebenden Urbevölkerung einhergingen und schließlich auch genetische Einflüsse aus der Jungsteinzeit und Römerepoche offenlegten.

„Dank der Stichproben unter der sardischen Bevölkerung konnten wir sogar Spuren bis zu den afrikanischen Vorfahren zurückverfolgen”, so der italienische Wissenschaftler. Die Erkenntnisse lieferten somit einen historischen Rückblick, der rund 180.000 bis 200.000 Jahre und damit ungefähr 50.000 Jahre mehr als die der meisten anthropologischen Studien zurückreicht.

„Das wichtigste Ergbnis der Untersuchung ist die Tatsache, dass die sardische Bevölkerung nicht nur besondere Arten von Genvarianten aufweist, sondern auch über einen Großteil der in der DNA des Y-Chromosoms vorkommenden Varianten der übrigen europäischen Bevölkerung verfügt”, fügt Paolo Francalacci hinzu.

Deshalb seien die Studien zur Bestimmung von Genfaktoren hilfreich, die das Auftreten bestimmter Krankheiten auf der Insel und im restlichen Europa begünstigen. Die Ergebnisse der sardischen Forschungseinrichtungen wurden dank der Zusammenarbeit mit vier europäischen und amerikanischen Universitäten möglich. Einzelheiten sind in der internationalen Fachzeitschrift „Science” nachzulesen.