Möglich machten das Bauwerk der kunstliebende Monarch und natürlich die aufgeklärten ungarischen Politiker (siehe die Porträts im ersten Saal) im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts, der Epoche des Dualismus. Mit dem Ausgleich zwischen Österreich und Ungarn 1867, d.h. der k.u.k. Monarchie, wurde das im Titel beschworene Goldene Zeitalter eingeleitet.
Wirtschaftlicher Aufschwung, politische Weitsicht, Nationalstolz, berauschendes gesellschaftliches Leben fanden in der Kunst ihren Niederschlag. Die gemeinsame Sprache war die Malerei. 200 Kunstwerke aus Ungarn, Österreich, Tschechien, Polen, Kroatien und Rumänien belegen diese Entwicklung, die in den einzelnen Mitgliedsländern der Monarchie auch deutlich unterschiedliche Richtungen und Stimmungen einschlugen, vom Pessimismus wegen des als Staat ausgelöschten Polens (siehe Jan Matejkos ’Reytan, der Untergang Polens’, 1865) über das von Kriegen und Kämpfen erschütterte Kroatien bis zum vom Millennium der Landnahme 1896 geprägten Optimismus Ungarns.
Der Rundgang durch die Ausstellung folgt der Chronologie vom Historismus mit den ’Stars’, pardon eher Malerfürsten, den 3 M, Mihály Munkácsy, Hans Makart und dem schon erwähnten Jan Matejko, der im folgenden Saal , ab Mitte der 1880er Jahre sich durchsetzenden Darstellung des modernen Lebens; Realität und Natur (siehe die Landschaftsmalerei) wurden immer wichtiger.
Künstler wie László Pataky wagten sich auch an Themen wie Armut, die schwere Arbeit in der Landwirtschaft (siehe ’Kartoffelernte’, 1894), was dazu führte, dass Künstler wie Pataky erstmals verschwanden, vergessen wurden, weil ihre Gemälde nicht gekauft und sie selbst arm wurden. Andere Künstler des ausklingenden 19. Jahrhunderts flüchteten sich in den Glauben. Und auch der Übergang in eine neue Zeit mit anderen Ansprüchen wurde spürbar, die Brücke zum Symbolismus war geschlagen.
Besonders für diese Jahre ist die Verbindung von Malerei und Musik in der österreichischen, sprich Wiener Kunst und Malerei. Wie Musik gemalt werden kann, zeigt das Beethoven-, d.h. Pastorale-Zimmer innerhalb des Saales.
Wie modern und optimistisch die ungarischen Künstler damals dachten und arbeiteten, verdeutlicht wohl das Werk József Rippl Rónais am besten. Die Ausstellung endet mit dem Jahr 1905, was in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts gemalt wurde, lässt die sich regende Konkurrenz unter den Künstlern erahnen.
Die Nachwelt, sprich auch die Künstler und Kritiker der Gegenwart, sind es bislang schuldig geblieben, sich mit der Kunst der Gründerzeit, des Jugendstils, so der Sezession auseinanderzusetzen, die neu zu bewerten. Die gerade in der Kunsthalle eröffnete Ausstellung bietet dazu die beste Gelegenheit. (In den Seitentrakten ist zeitgenossische Kunst ausgestellt!)
Az Első Aranykor, The First Golden Age, Das Erste Goldene Zeitalter kann bis zum 12. März 2017 besichtigt werden. Wenn auch nicht die Ausstellung (in Ungarisch und Englisch) so sind wenigstens die Flyer auch in Deutsch vorrätig.
PS: Auf meine Frage, ob es sich nicht von selbst ergeben hätte, alles auch deutsch zu beschriften und untertiteln, wurde mit Unterverständnis reagiert. Alle ausländischen Gäste verstünden, sprechen doch Englisch. Ich wollte nicht die Sprachenkenntnisse der Besucher in Frage stellen… Mir ging es um die Zeit 1967-1905, die k.u.k. Monarchie, das in Archiven und Museen aufgewahrte Material.