Biographie und Kulturgeschichte, die Flucht aus dem zivilisierten, gutbürgerlichen Frankreich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts in die ‘Wildnis’, eine exotische Welt, die 14 000 km von der ‘Heimat’ entfernt liegt, nach Tahiti in Französisch-Polynesien.
Das war die Lebensreise des Paul Gauguin (1848–1903). In Claudio Polis Film wird sie lebendig, die Suche des gutbürgerlichen Börsenmaklers, fünffachen Familienvaters in Paris nach der Freiheit.
1891 bricht er von Marseille aus in sein eigentlichen Leben auf. Dafür hatte der Aufenthalt an der bretonischen Küste nicht gereicht, auf der Suche nach seinem künstlerischen Ich stellte er sich die Frage: Woher kommen wir? Wer sind wir? Wohin gehen wir?
Die Antwort bleibt der Nachwelt in Gemälden exotisch-erotischer Schönheit, heute fast ausschließlich in den Museen von New York, Boston, Chicago und Washington erhalten. Dort, wo er gemalt hat, gibt es kein einziges seiner Werke, er selbst schickte sie nach Europa (auch um seinen immer kargen Aufenthalt zu finanzieren) und was nach seinem Tode übrig war, das ließ der katholische Bischof vor Ort – „weil obzön“ vernichten.
„Ich musste meine Augen schließen, um sehen zu können”, sagte der Künstler nach anfänglicher Enttäuschung in der städtischen, kolonialen Umgebung von Tahiti. Er musste in die wilde, freie Natur vordringen, um sein Licht, seine Farben und die aller Konventionen baren Menschen, schönen jungen Frauen für sich zu entdecken.; die junge Frau mit Kind, die Frau mit Blumenkranz oder der Gelbe Christus, eine Farbe, die auch van Goghs Einfluss auf Gauguin zugeschrieben wird.
Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens bleibt die Frage unbeantwortet. Ob er sein Paradies gefunden hat, möge jeder, der sich in die ferne, exotische Welt seines Werkes vertieft, für sich beantworten. Auf Tahiti und den Marquises Inseln lebt diese Welt für den Besucher und fernen Kunstfreund weiter, so auch in den verschiedenen Einwohnern der Inseln, die sich als direkte Nachkommen des ‘Koke’ betrachten. Der Stammbaum gegen Ende des 90-minütigen Films beweist es.
In der Reihe: Tempel Kunst läuft ab 23. Januar in mehreren Kinos in Ungarn (Urania Budapest), in Szeged, Pécs, Miskolc, Szombathely) das Porträt des Postimpressionisten Paul Gauguin:
Gauguin auf Tahiti – Das verlorene Paradies. Italien, 2019, 90 min. Regie Claudio Poli. Sprecher Adriano Giannini, mit ungarischen Untertiteln.