Vác: 500 Jahre, 1000 Kunstobjekte

Natürlich sind auch Tagestouristen (aus Budapest) erwünscht, wie wäre es aber, etwas länger zu bleiben. Denn hat man/frau  sämtliche Sehenswürdigkeiten intus (was an nur einem Tag unmöglich ist), dann könnte man von Vác aus viele Abstecher in die Umgebung unternehmen, denn in nur 30 Minuten sind erreichbar: Gödöllő mit Schloss Grassalkovich, der von Sisi, Kaiserin Elisabeth und Königin von Ungarn, bevorzugten Sommerresidenz; Szentendre am gegenüberliegenden Donauufer, die Barockstadt, die Vác, als Industriestadt bekannt, die Show gestohlen hat; Verőce, der malerische Ferienort am Donauknie oder aber eben Budapest. Im Falle von Budapest–Vác gelten die 30 Minuten für alle Transportmittel, auf der Schiene, auf der Straße, zu Wasser und auf dem Drahtesel. Es ist das erklärte Ziel der Tourismusmanager und Stadtväter, Vác als Fokus von Sternfahrten zu etablieren, auch wenn das nicht im Handumdrehen geht, sondern es mehrere Jahre lang dauern kann.

Und nun zu den Neuigkeiten im Vácer Kultur- und Kunstangebot.

Memento Mori (am dreieckigen Marktplatz im historischen Stadtkern gelegen /Március 15. tér 19)  ptäsentiert sich mit der Ausstellung im Parterre und den im einstigen Weinkeller ruhenden Mumien rundum neu gestaltet. Gleich am Eingang liegen Faltblätter in Deutsch, Englisch und Ungarisch aus, die in die Stadtgeschichte führen und über die Mumienfunde informieren. 262 gut erhaltene Mumien,  im 18. Jahrhundert Einwohner der Stadt, wurden infolge des bei Bauarbeiten eingestürzten Turms und der Krypta der Weißen Kirche geborgen. Davon konnten 166 namentlich, mit Alters- und Berufsangabe sowie Todesursache identifiziert werden. Heute werden sie im Naturwissenschaftlichen Museum in Budapest aufbewahrt, nur je drei können in Memento Mori besichtigt werden. Die nach der Neugestaltung des Museums ausgestellten Mumien sind ein Schneidermeister, mit 60 verstorben, eine Nonne und ein Mädchen. Viele der Särge tragen deutsche Inschriften. Die Besucher mögen sie entziffern.

Absolut neu ist die Verbindung von Barock mit zeitgenössischer Kunst. Wo? Im barocken Rathaus am Marktplatz: Treppenhaus und Flure schmücken solche Kunstwerke. Mit Führung zu besichtigen am Montag, Mittwoch, Freitag und am Wochenende.

Ein Hort der Kunst und Kultur ist das Pannonia Haus (Köztársaság út 19), das in seiner über 300-jährigen Geschichte auch als Gasthof und Hotel diente und Schriftsteller wie Sándor Petőfi, Imre Madách und Mór Jokai beherbergt hat. Im Parterre, wo mehrere kleinere Sammlungen untergebracht waren, wird zurzeit Ungarns größte dem Gußeisen gewidmete Ausstellungen eingerichtet: ’ In Eisen gegossene Geschichte’ sei stellvertretend für alles, was aus Eisen zu Nutz- und gleichzeitig Kunstgegenständen gegossen wurde, vom Feuerhaken bis zum Kruzifix und natürlich Öfen. 130 ’Ofen-Schmuckstücke’ kaufte der ungarische Staat einem Sammler aus Gyenesdiás am Balaton ab, der sie nur gesammelt, aber nie ausgestellt hat. Nun werden sie, die oft aus zig Einzelteilen bestehen, wieder zusammengebaut und ausgestellt.

Auch die Sammlung Moderne Ungarische Kunst (Káptalan utca 17–19) László Papps kann einen Zugang vermelden: die Keramiksammlung Lívia Gorkas. Der Sammler hortet 2000 Gemälde und 2000 Grafiken von Künstlern wie  dem István Szőnyi-Schüler Erik Scholz, dem auch von der ausländischen Kunstkritik als ’zweiter Dürer’ apostrophierte Vladimir Szabó, dem auch gegenwärtig in Vác lebenden und schaffenden András Orvos, der nicht nur als Porträtmaler, sondern auch Gestalter der Gemälde ’Erotische Blumen’ für Aufsehen sorgte.

 

Ging es schon einleitend um die zentrale Lage von Vác, so sei abschließend erwähnt, dass in und aus der ’City’ (passt nicht zum Prädikat barock) alles, was sehenswert ist, in nur 5 Minuten zu Fuß erreichbar ist, so auch die Donaupromenade, die nun mal malerischer und schöner ist als bei der Konkurrenz in Szentendre, betonen alle Vácer.

(Bilder: Zoltán Okolicsányi)