Die in Ungarn tätigen deutschen Unternehmen beurteilen die aktuelle wirtschaftliche Lage als gut, für das laufende Jahr erwarten sie jedoch ein deutlich geringeres Wachstum als im vergangenen Jahr – sowohl hinsichtlich der Volkswirtschaft insgesamt als in Bezug auf das eigene Geschäft. Dies geht aus der jüngsten Konjunkturumfrage der Deutsch-Ungarischen Industrie- und Handelskammer (DUIHK) hervor, die heute vorgestellt wurde. Die Einschätzungen zum Geschäftsumfeld haben sich laut Umfrage – wenn auch nur in geringem Maße – erneut leicht verbessert.
Die Deutsch-Ungarische Industrie- und Handelskammer befragt ihre Mitgliedsunternehmen und andere ausländische Investoren seit 25 Jahren zur Wirtschaftslage und zum Geschäftsumfeld in Ungarn.
Zu den diesjährigen Ergebnissen der Umfrage erklärte Kammerpräsident Dale A. Martin, dass eine große Mehrheit der Investoren auch zu Beginn des Jahres 2019 die aktuelle Situation ihres eigenen Unternehmens und der ungarischen Wirtschaft als gut bewerten. „Gleichzeitig gibt es viele Unsicherheiten in der Weltwirtschaft, die für die Zukunft eher schwierigere wirtschaftliche Bedingungen nahelegen“, sagte der Präsident. Daher seien die Erwartungen für das laufende Jahr zwar immer noch überwiegend optimistisch, aber nicht mehr in dem Maße wie im letzten Jahr, so Martin. Allerdings sei es seiner Einschätzung zufolge „eine gute Nachricht, dass trotz der weniger dynamischen wirtschaftlichen Aussichten immer noch mehr Unternehmen planen, ihren Personalbestand und ihre Investitionen zu erhöhen, als diese zu verringern“.
DUIHK Investitionsklima-Index gesunken
Der Investitionsklima-Index der DUIHK, der die Umfrageergebnisse in einem einzigen Wert komprimiert, ging in diesem Jahr aufgrund der sich abschwächenden Wachstumsaussichten deutlich zurück, von 28 Punkten im Vorjahr auf nun 15 Punkte. Dies deutet den Experten der DUIHK zufolge auf eine Verlangsamung des Wachstums des ungarischen Bruttoinlandsprodukts in diesem Jahr auf rund drei Prozent hin, nach noch fünf Prozent im Jahr 2018.
Spannungen bleiben auf dem Arbeitsmarkt bestehen
Dirk Wölfer, Leiter Kommunikation der DUIHK, wies bei der Präsentation der Umfrageergebnisse darauf hin, dass auf dem Arbeitsmarkt die Herausforderungen an die Unternehmen nicht geringer geworden seien. Nach Angabe von mehr als zwei Dritteln der befragten Führungskräfte ist die Verfügbarkeit von qualifizierten Arbeitskräften unbefriedigend, was auch Druck auf die Arbeitskosten ausübt. Bei mehr als der Hälfte der Unternehmen kommt es zudem infolge des Arbeitskräftemangels zu mehr oder weniger starken Störungen in den Produktions- oder Serviceabläufen.
Beurteilung der Wirtschaftspolitik verbessert sich peu à peu
In der diesjährigen Umfrage zeigen die Unternehmensbewertungen zum geschäfts- und wirtschaftspolitischen Umfeld in mehreren Punkten erneute leichte Verbesserungen. Diese Verbesserung war in den letzten Jahren am deutlichsten hinsichtlich des Steuersystems: sowohl bei der Steuerbelastung als auch bei der Steuerverwaltung ist der Anteil der „zufriedenen” Antworten nun schon höher als der der unzufriedenen. Auch die öffentliche Verwaltung wurde besser bewertet, in beiden Bereichen liegt der Grad der Zufriedenheit in Ungarn bereits über dem regionalen Durchschnitt. Hinsichtlich der Transparenz bei der Vergabe öffentlicher Aufträge und der Korruption jedoch halten die Manager – trotz einer minimalen Verbesserung – die Situation nach wie vor für unbefriedigend.
Loyalität zu Ungarn nach wie vor hoch
Die Antworten der Führungskräfte auf die Frage, ob sie Ungarn erneut als Standort für ihre Investition wählen würden, können auch als zusammenfassende Bewertung der wirtschafts- und wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen betrachtet werden. In diesem Jahr haben 82 Prozent der Teilnehmer auf diese Frage mit „Ja” geantwortet, was nur geringfügig unter dem Rekordwert des Vorjahres von 84 Prozent liegt.
Auf die Frage, wie attraktiv die Länder der Region als Investitionsstandort seien, erhielt – in der Umfrage in Ungarn – die Slowakei die beste Bewertung, dicht gefolgt von Ungarn selbst. Auf der Basis der Umfragen in allen anderen (15) Ländern der Region ist jedoch in diesem Jahr zum ersten Mal Estland das attraktivste Ziel und verdrängte damit die seit Jahren führende Tschechische Republik auf den zweiten Rang. Ungarns Ranking verbesserte sich hier um einen Platz auf Rang 9 auf der Liste von 20 Ländern.
Auch Unternehmen In Ungarn vom Brexit betroffen
Aufgrund der aktuellen Entwicklungen wurde in der diesjährigen Umfrage auch der Brexit thematisiert. Demzufolge meinten (im Februar) fast 40 Prozent der Unternehmen, dass der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union das eigene Geschäft „eher” oder „sehr“ wahrscheinlich beeinflussen wird, hauptsächlich aufgrund von Umsatzeinbußen, Kostensteigerungen und Unterbrechungen in Lieferketten.