Wer kennt sie nicht, die Béres Tropfen, hat zumindest davon gehört, sie vielleicht wohltuend eingenommen. Sie kräftigen das Immunsystem, werden als Heilmittel, seit langem als rezeptfreies Medikament. anerkannt.
Zum 100. Geburtstag ihres Erfinders läuft der Spielfilm, der seinen Namen trägt, am 5. Februar in 72 Kinos, an 71 Schauplätzen ungarnweit an. Ein Spielfilm in Farbe, 120 Minuten lang über das Leben eines Erfinders? 2019 hatte Duna TV diesen Werdegang in einer Viererreihe ausgestrahlt, nachdem es schon vorher (2015) einen Dokumentarfilm (52 min) gegeben hat.
Die Überraschung war perfekt. Es geht nämlich nicht nur um ein Einzelschicksal, einen prinzipientreuen, sehr, sehr geraden, aufrichtigen Forscher, sondern die 60er und 70er Jahre im sozialistischen Ungarn mit all den Stolpersteinen und Barrieren, die einem unabhängigen Geist vor die Beine geworfen werden, Korruption und Omnipotenz der Einheitspartei. Das alles findet vor der kargen malerischen Landschaft Nordostungarns, mit der Theiß, Fauna und Flora, dem Landleben, das von den Repräsentanten der allmächtigen Einheitspartei nicht nur gelenkt, überwacht, sondern auch behindert wird, statt.
József Béres, am 7. Februar 1920 in Záhony geboren, erwarb sein Diplom als Agronom 1965, verteidigte seinen Doktor 1968 und stellte bei seiner Arbeit fest, dass viele Pflanzenkrankheiten wegen des Mangels an Spurenelementen entstehen. Er folgerte, dass das auch für die Tiere und Menschen zustimmen müsste und machte sich ans Forschen und Experimentieren.
Es begann der Canossa-Gang des Erfinders, der vom Misstrauen über die Vernichtung seiner Laborergebnisse bis zum Prozess vor Gericht führte. 1972 hatte er seine Béres Tropfen erfunden. Nur die Kranken, sehr viele Krebspatienten, suchten ihn auf, vertrauten seinen Tropfen, die heilten bzw. die jeweilige Krankheit erträglicher machten. Vor Gericht gezerrt, kam die Wende, weil sich ein „gekaufter“ Zeuge nicht an die Abmachung hielt und über die Heilkraft der Béres Tropfen berichtete, seine Enkelin als Beweis nannte. Bekannte politische Größen, an die sich die Vertreter älterer Generationen gut erinnern (György Aczél, der sozialistisch-kommunistische, gefürchtete Kulturpapst, der um Ausgleich und sozialen Frieden bemühte Imre Pozsgay) sind so klug, den gordischen Knoten zu aller Genugtuung zu lösen: die Béres Tropfen werden vom Heilpflanzenvertrieb Herbaria ins Angebot genommen, mit der Zeit als Arzneimittel ohne Rezept zugelassen. Heute gelten sie als Hungarikum, ihr Erfinder konnte noch zu Lebzeiten mit Auszeichnungen und geehrt werden. (Dr. József Béres verstarb 2006.)
Bence Gyöngyössy, für Regie und Mitautor des Drehbuches verantwortlich hob die „gute Story hervor, eine wahre Geschichte mit eigener Dramaturgie”. Die Mitverfasserin des Drehbuches Katalin Petényi erzählte von ihren persönlichen Erlebnissen in den 60er und 70er Jahren, dass sich die Hilfesuchenden vor dem Haus, wo József Béres mit seiner Familie lebte, in die Schlange der um die Tropfen Wartenden einreihten, die Béres immer kostenlos zur Verfügung stellte.
Der Produzent Barna Kabay machte sich Gedanken über die heute 20- und 30-jährigen Ungarn, die nichts oder nur sehr wenig über diese jüngste Vergangenheit wissen. Tibor Gáspár, der József Béres, verkörperte und ohne Casting für die Rolle bestimmt wurde, erzählte von seinen Gymnasialjahren, als er von den Tropfen wusste, weil sie von seinen Eltern eingenommen wurden, dieses aber erst jetzt, mit 60 auch tut; und dass er diesen großen Ungarn selbst spielen durfte. Wer sich an die 60er-70er Jahre in Ungarn erinnert, der konnte die Ähnlichkeit der Darsteller mit dem Original feststellen.
József Béres – der Erfinder, Spielfilm, 2019, 120 min., Farbe.
Meine Frage, ob und wie dieser Film im Ausland aufgenommen werden könnte, wurde eher vorsichtig beantwortet, dass es dafür noch zu früh sei, mein Vorschlag war, ihn auf alle Fälle in den ungarischen Kulturzentren Collegium Hungaricum im Ausland zu zeigen.