Die Ungarische Bäckerinnung feiert Geburtstag: sie ist genau 30 Jahre jung. Am 21. Mai 1990 hatten 45 Bäcker ihre Interessenvertretung aus der Taufe gehoben.
Die Arbeitsgemeinschaft der Bäcker ist eigentlich viel älter, ihr Vorgänger wurde anno 1886 gegründet, 1902 richtete sie ihre Zentrale in der Budapester Hárfa utca ein. Den Bäckermeistern und ihren Gehilfen ging es gut. Sie konnten in Visegrád an der Donau ihr Ferienhaus betreiben, doch es folgten die Jahre der Krise, des Krieges, die nach dem Zweiten Weltkrieg zwar 4000 an der Zahl waren, allerdings unorgnaisert. Brotfabriken sorgten jahrzehntelang für das täglich’ Brot, die Kleinen kamen nicht zum Zuge.
Und wer sich an die Brotversorgung – sagen wir bis 1980 – erinnert, der hatte zwar genug Brot, allerdings ausschließlich Weißbrot, das, wie bekannt, ’nur’ frisch mundet. Ganz allmählich wurde das Sortiment erweitert, so tauchte z.B. das mit Kleie vermischte Weizenmehlbrot, das Graham auf. Erst ab 1990, als 45 Bäcker die Ungarische Bäcker-, Backwaren und verwandte Berufe erfassende Innung gründeten, wurde das Angebot vielseitig, in den kleinen privaten Backstuben wurde experimentiert, sodass z.B. auch Roggen als wichtige Zutat in die Brotrezepte Einzug hielt. Ohne auf weitere Einzelheiten in der ungarischen Bäckereigeschichte einzugehen, sei erwähnt, dass heute 20-23 000 Menschen in den großen und kleinen Bäckereien Brot und Backwaren herstellen.
Der Beruf des Bäckers bleibt ein schwerer, auch wenn die Rohlinge nicht mehr mit der langstieligen Schaufel in den Backofen geschoben und von dort frisch duftend herausgeholt werden müssen. Alles geschieht automatisiert, rechnergesteuert und seit 2017 unter Beachtung des ungarischen Lebensmittelkodex.
Heute, am 19. August, nur einen Tag vor Sankt Stephan, wurden in festlichem Rahmen und mit Brotverkostung die Gewinner des 9. Brotback-Wettbewerbes geehrt. (Siehe zu den Wettbewerbsvorbereitungen unseren Beitrag vom 7. Juli 2020): Gib uns unser tägliches Brot.) In zwei Kategorien waren Bäckereien aus ganz Ungarn zum Wettbewerb angetreten:
Sankt Stephans-Brot und innovatives Brot. (Der 20. August, der Tag des ungarischen Staatsgründers Stephan des Heiligen ist auch das wichtigste Erntedankfest, wenn aus frischem Korn das frische, neue Brot gebacken wird.)
Fünfzig Brote haben es in die engere Auswahl geschafft, dritter, zweiter und erster Preis wurden in beiden Kategorien ausgelobt.
In der traditionellen, d.h. Sankt Stephans-Kategorie erhielt das Hausbrot Hajduság der Balmaz Sütöde Kft. aus Balmazújváros den ersten Preis, der mit 500 000 Ft dotiert ist. Es ist das für die ostungarische Region Hajdúság typische Weißbrot, fluffig leicht, mi heller Kruste. In der Region wird Roggen nicht angebaut, sodass auch das traditionelle Brot ein Weizenbrot ist.
Platz 1 in der innovativen Kategorie eroberte die Hel Pékség Kft. aus Solymár bei Budapest mit ihrem Rosmarinbrot, mit 300 000 Forint dotiert. Das Rezept ist keine aktuelle Erfindung, sondern wurde von den Bäckermeistern in einem alten Rezeptbuch entdeckt und wiederbelebt. Das Brot, in dessen Teig auch Kartoffeln gehören, durftet und schmeckt nach Rosmarin!
Die zur Feier des Tages nach Budapest gebrachten Brote (ganz schön viele an der Zahl, nicht nur die der prämierten, wurden zwei sozialen Einrichtungen, dem Institut der Blinden und Sehbehinderten und einem Kinderheim übergeben.
Agrarminister Dr. István Nagy und der Vorsitzende der Bäckerinnung József Septe hoben die Binsenweisheiten hervor, die genau zum Festtag passten: „Gibt es Brot, dann gibt es alles” und „Brot ist Leben”.
Dem schließt sich ganz bestimmt jeder vorbehaltlos an.